So spannend kann Klonzüchtung sein!

In unserem Betrieb erfolgte im Frühjahr 2012 die allererste Auspflanzung der Vorstufenreben der Selection 2009 des Züchters Andreas Jung im Vergleich zu Standard-Riesling-Klonen. Daher konnten wir als erster Weinbaubetrieb entsprechende vergleichende Beobachtungen zum Verhalten des Klons machen, die wir nachfolgend in Bildern darstellen. Bereits in 2013 konnten wir die Anlage mit dem Jungfernertrag beernten. Im Herbst kam es in dem Jungfeld witterungsbedingt und auf Grund des durchlässigen leichten lehmigen Sandbodens zur massiven Fäulnis beim Standardklon, bei dem innerhalb kurzer Zeit nahezu 100% aller Trauben schon sehr frühzeitig faulten. Alle Fotos vom 15.9.2013:

Typisch war das Aufplatzen der Beeren, das in den letzten Jahren gehäuft beim Riesling auftritt und eines der größten Probleme im Zeitalter des Klimawandels bei unserer Hauptrebsorte darstellt. Nahezu nicht betroffen war die Selektion 2009 in der gleichen Anlage. Die folgenden Fotos sind 2 Tage später (!) aufgenommen. Sämtliche Reben des Klons sahen einheitlich so aus!

Am gleichen Tage wurde das Laborfoto mit den beiden Klonen im Vergleich aufgenommen:Die Bilder lassen erahnen, dass wir heute den Tag an dem erstmals der enorme Unterschied zu erkennen war, als kleine "Sternstunde" im Rebveredlerleben bezeichnen möchten.

Auf Grund der spannenden Erkenntnisse im ersten Auswertungsjahr beobachteten wir die Entwicklung der Klon in 2014 schon früher und zwar schon am 7.7.2014:

Man sieht, dass die Größenentwicklung der Selection - Beeren (links) dem Standardklon in der Größe hinterherhinkt. Zu diesem Zeitpunkt war noch kein Unterschied in der Reifeentwicklung zu sehen. Ähnlich der Eindruck am 22.7.2014. Beide Klone hatten zu diesem Zeitpunkt vereinzelte leichte Schäden an den Beeren durch Sonnenbrand, die vergleichbar häufig Auftraten.In späteren Jahren hatte die Selektion grundsätzlich deutlich weniger Sonnenbrand als ein Standardklon.

Etwas störend war in beiden Klonen der in diesem Jahr stark auftretende Befall durch Blattgallmilben, der jedoch die Klonunterschiede nicht beeinflusste. Das folgende Foto zeigt noch eine Nahaufnahme der Selection am gleichen Tag:

Die Herbstergebnisse zeigten ein ähnliches Bild wie im Jahr 2013. Die Fäulnisunterschiede wurden erneut sichtbar, wenn auch nicht ganz so kraß wie in 2013. Das Ertragsniveau der Selection waretwa bei 40 % des Standardklons, bei leicht höherem Mostgewicht.

Das dritten Ertragsjahr 2015 war von extremer Trockenheit geprägt. Wochenlang gab es im Sommer keinen Regen und die Anlage zeigte beim Standardklon frühzeitig Trockenstreß, der am 17.8. den ersten gelben Blättern in der Traubenzone ausgemacht werden konnte:

Links im Bild ist der Standardklon mit den ersten sichtbaren Trockenschäden und deutlich hellerer gestreßter Laubwand. Rechts die Selection 2009 ohne erkennbare negative Einflüsse.

Ebenfalls am 17.8. aufgenommen das folgende Bild des Standardklons:

und nachfolgend der Selectaklon 2009 ebenfalls am 17.8.2014:Kein Trockenstreß, keine geschädigten Blätter.

Bereits zu diesem Zeitpunkt konnte man erwarten, dass die Trockenstreßsymptome sich diesmal auch in Reifeunterschieden bemerkbar machen würden. Dies wurde mit Grapescananalysen verfolgt und schlug sich schnell in Diffenzen von 10 bis 14 Grad zugunsten des Selecta 2009 nieder, der offensichtlich mit dem geringen Wasservorrat besser zurecht kam. Außer dem dunkleren Laubwerk waren auch die Triebe des Selecta 2009 deutlich dicker. Fäulnis trat in diesem Jahr witterungsbedingt erst deutlich später auf. Zum Aufnahmedatum 10.9.2015 der nachfolgenden Bilder waren beide Klone noch gesund.

Standardklone:

Klon Selecta 2009

Die Schlußfolgerungen des Jahrgangs 2015 konnte nur lauten, dass die Jahresniederschläge für den Standardklon zu niedrig waren und dieser daher um eine ganze Qualitätstufe niedriger blieb wie der Selecta 2009, für den das Wasser offensichtlich noch ausreichte. Damit scheint sich unsere Erwartung zu bestätigen, dass der Klon besonders an Trockenstreßstandorten geeignet sein könnte (Steillagen). Sicher ist bereits jetzt, dass ein großer arbeitswirtschaftlicher Vorteil entsteht, da Traubenhalbierung und Boytrisselektion wie für andere Premiumweine entfallen. Es stünde auch zu erwarten, dass der Wein des Standardklons um Einiges anfälliger für UTA-Erscheinungen sein dürfte. Dieser Frage konnten wir in der bisherigen Testanlage mengenbedingt noch nicht folgen, da es sich nur um wenige Vorstufenreben handelt. Die Auswirkungen der etwas geringeren Säure und der fehlenden geschmacksgebenden(?) Traubenkerne sind ebenfalls noch offene Fragen zum Selecta 2009.

Aus diesem ersten Vorstufenmaterial erstellten wir im Jahr 2015 eine erste große virusgeteste Vermehrungsanlage, die künftig einen getrennten Weinausbau und vor allem auch die Produktion von Pfropfreben für unsere Kunden ermöglichen wird. Wir erwarten, dass die Anlage bereits im Jahr 2016 erstmals anerkannt wird und somit im Winter 2016/17 Schnittholz für die Vermehrung von Pflanzgut für die Pflanzung im Frühjahr 2018 gewonnen werden kann. Wir laden jetzt schon zur Besichtigung der Anlage im August 2016 ein! Nachtrag: Inzwischen ist die Anlage in Produktion und Rebmaterial kann für die Praxis zur Verfügung gestellt werden. Auf Grund der sehr großen Nachfrage ist jedoch eine rechtzeitige Vorbestellung zu empfehlen.

Da der Klon immer das gleiche Traubenbild zeigt, möchten wir in der Anlage in der nächsten Versuchsstufe auch testen, ob mit einem stärkeren Anschnitt das Ertragsniveau bei gleich bleibender Traubenstruktur angehoben werden kann. Außerdem erhoffen wir uns dadurch eine gewisse und meist wohl auch wünschenswerte Reifeverzögerung des Klons. Da am Ende auch eine Fäulnis der Beeren wegen Überreife ab etwa 100 Grad Oe kommen kann (Rosineneffekt).Da so gut wie nie Edelfäule auftritt, sind mit der Selection zwar hochwertige trockene Spätlesen aus gesunden Truaben möglich, jedoch keine Auslesen aus edelfaulen Beeren.

Nachtrag September 2016: Auch in der neuen großen Vermehrunsgfläche zeigte sich das gleiche Bild:

Vergleich eines Standardklons (198-44 Gm) mit der Selection 2009 und dem 355 Gm (18.9.2016). Mit diesem Datum begannen sich die ersten Fäulnisnester beim kompakten Standardklon zu finden.

Typisch beim Klon 355 Gm (ebenso beim 365 Gm) sind die unterschiedlichen Trauben je nach Stellung am Trieb. Die unterste ist immer locker. Die zweite deutlich kompakter. Die dritte ist am größten und kompakt.

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Erste Erfahrungen zum Weinausbau. Beim ersten getrennten Weinausbau zeigen sich deutliche Unterschiede im Geschmack. Was wegen der meist fehlenden Kerne zu vermuten war hat sich bei den ersten Jungweinproben bestätigt: Der Jungwein hat deutlich weniger Phenole und etwas weniger Säure. Alle Fotos (C) Reinhard Antes

 

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