Was sind interspezifische Sorten (=PIWIs) ?
Unter interspezifischen Sorten versteht man pilzwiderstandsfähige Rebsorten.
Der Ursprung der der Züchtung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten liegt im Ende des 18. Jahrhunderts. Nach der Einschleppung der Reblaus und der Peronospora aus Amerika kreuzte man reblaustolerante und peronosporafeste Reben aus Amerika mit europäischen Vinifera-Arten. Die so entstandenen Hybriden pflanzte man zunächst als Direktträger (Unveredelte Reben auf eigener Wurzel). Diese waren i.d.R. zwar frostfest, ertragreich und weitgehend krankheitsresistent, doch deren Weine waren ziemlich ungenießbar wegen eines großen Fremdgeschmacks. Deswegen wurden sie überall abgelehnt und sogar verboten.
Viele Jahre lang kreuzten die Rebenzüchter weiter mit sogenannten Rückkreuzungen mit den europäischen Sorten. So gelang es inzwischen die Weinqualität auf die der europäischen Sorten anzuheben, ohne das die Resistenzeigenschaften verloren wurden.
Züchtungsziel sind verschiedene Resistenzen, die möglichst in einer Sorte vereint werden sollten: Insbesondere Oidium, Peronospora und Botrytis and Stiel und Beeren standen im Vordergrund. Darüber hinaus auch Resistenzen gegen Reblaus und virusüberrtragende Nematoden. Für Länder mit mehr kontinentalem Klima steht auch noch die Erhöhung der Winterfrostfestigkeit im Vordergrund.
Mit der Reduzierung des Pflanzenschutzmittelaufwands wird auch ein wichtiges Ziel des modernen Umweltschutzes verwirklicht.
Inzwischen sind auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Zulassung dieser Rebsorten für die Weinbereitung geschaffen: Da das Erbgut in den vielen mittlerweile entstandenen Kreuzungen kaum noch amerikanische Ursprünge hat (lediglich die Resistenzeigenschaften) können solche Sorten in den Ländern der EU als dem Formenkreis der Europäerrebe zugehörig klassifiziert werden. Damit dürfen diese Sorten für den Anbau zugelassen werden und anschließend als Qualitätswein vermarktet werden.
Vorteile für den ökologisch orientierten Weinbau:
- Reduktion der Fungizidbehandlungen
- Reduktion der Mittel-, Maschinen und Arbeitskosten bei der Ausbringung.
- Entlastung der Umwelt (bei Herstellung, Lagerung und Ausbringung der Mittel
- Energieeinsparung bei Herstellung, Transport und Ausbringung der Mittel
- Verbesserung der CO²-Bilanz
- Vereinfachung der beschwerlichen Arbeiten insbesondere im Steilhang. Dadurch Beitrag zum Erhalt der landschaftsprägenden Steillagen
- Weniger termingebundene Laubarbeiten
- Bodenschonung, da weniger Durchfahrten mit den Weinbaumaschinen erforderlich sind, weniger Fahrspuren und dadurch Verringerung der Erosionsgefahren
- Schonung von Nützlingen durch die Reduktion des Mittelaufwands schädigender Fungizide
Akzeptanz pilztoleranter Sorten?
Für den Winzer kann vor allem die Kosteneinsparung bei gleichbleibender Weinqualität angeführt werden. Auch bei seinen Verkaufsargumenten kommen die Aspekte der naturnahen Produktion und der Erhalt der Kulturlandschaft gut an.
Zuletzt aber entscheidet der wirtschaftliche Erfolg einer neuen Rebsorte über ihren Wert. Diese wird aber maßgeblich von der Verbraucherakzeptanz beeinflusst.
Das Schlüsselproblem bei der Vermarktung der neuen Sorten ist meist der noch unbekannte Namen der Sorte, was den Aufklärungsbedarf der Sorten dem Verbraucher gegenüber erheblich erhöht, um dessen Skepsis zu überwinden.
Der Verbraucher wird oft durch neue Namen, Sorten und Weine verunsichert. Oft stellt er die Frage, warum der Winzer noch nicht seinen ganzen Rebbestand auf solche Sorten umgestellt hat. Die öffentliche Diskussion über das Spritzen der Weinberge wirkt hier eher negativ und schadet allen Weinerzeugern. Polemik ist hier fehl am Platze und Fingerspitzengefühl gefragt.
Hinderlich ist bei der Diskussion auch, dass die Sorten nicht 100%ig resistent sind, sondern „nur“ pilztolerant, also trotzdem noch eine (reduzierte) Anzahl von Pflanzenschutzmaßnahmen erforderlich ist. Eine totale Immunität gegen die pilzlichen Krankheitserreger gibt es bei keiner Wildart oder neuen Rebsorte. Denn das Resistenzverhalten ist das Ergebnis eines Kräftespiels zwischen dem Pilz und der Abwehrkraft der Rebe. Beides wird von Umweltbedingungen wie Witterung oder Boden beeinflusst und erfordert jedes Jahr aufs Neue den Sachverstand des Winzers heraus.
Pilztolerante Rebsorten im Versuchsanbau der Rebveredlung Antes:
In unserem Betrieb werden seit vielen Jahren pilztolerante Rebsorten getestet. Zunächst stand insbesondere der Erhalt des Bergsträßer Steillagenweinbaus durch die leichtere Bewirtschaftung im Vordergrund. Zunehmend rücken Themen wie Verbesserung des CO²-Ausstoßes in den Vordergrund. Im Jahr 2015 haben wir die bis dato vermutlich größte deutsche Vergleichsanlage mit pilztoleranten Sorten (auch aus dem Ausland) erstellt um eigene Erfahrungen zu sammeln aber auch unseren Rebenkunden Anbauhinweise geben zu können. Bei unseren Rebsortentragen 2016 konnten wir erstmals alle Sorten im Vergleich zeigen. Eine erste Bachelorarbeit lief bereits im ersten Winter und hatte die Winterfrosthärte der Sorten zum Thema. Auf unserer Webseite werden wir Sie zu den Versuchsergebnissen auf dem Laufenden halten.