Abstammung
Eine spannende Geschichte! Woher kommt der Name Primitivo?
Der Name kann in die Irre führen. Primitivo hat nämlich nichts mit „primitiv“ zu tun. Die Bezeichnung der roten Sorte leitet sich vielmehr von „primo“ (der Erste) ab und und ist ein Hinweis auf die frühe Reife. Der Name wurde ihm wohl deswegen im 17. Jahrhundert von den Benediktiner-Mönchen gegeben.
Beheimatet ist die Rebe unter anderem im süditalienischen Apulien, wo sie seit etwa 150 bis 250 Jahren angebaut wird. Dort sollte der Primitivo mit beginnender Qualitätsorientierung den vorher nicht vorteilhaften Ruf des Gebietes aufpolieren.
Der Ursprung der Sorte Primitivo/Zinfandel ist übrigens nicht Apulien, obwohl die Rebe dort schon im 18. Jahrhundert angebaut wurde. Die ursprüngliche Vermutung, dass sie mit der kroatischen Plavac Mali identisch ist, bestätigte sich nicht. Aber Ende 2001 wurde nach langer Suche eine unbekannte Sorte mit den gleichen Eigenschaften gefunden: Crljenak, der vielleicht nach neuesten Studien irgendwann in der Geschichte aus Griechenland nach Kroatien gelangt ist.
Da die Rebsorte erstmals in der Nähe der Bergstadt Gioia nachgewiesen wurde, nennt man sie auch "Primitivo di Gioia". Von dort hat sie wohl den Weg nach Italien und unter dem namen "Blauer Scheuchner" über Österreich auch nach Deutschland und an die Bergstrasse gefunden.
Der Primitivo erbringt einen tiefdunklen, würzigen Wein, der sich durch ein charakteristisches, an Zimt, Nelken, schwarzen Pfeffer und dunkle Waldfrüchte erinnerndes Aroma auszeichnet.
1999 erlangte er eine besondere Bekanntheitsstufe. Damals wurde nämlich nach einer DNA-Analyse an der Universität in Davis (Kalifornien) der Verdacht bestätigt, dass Primitivo und der populäre Zinfandel ein und dieselbe Sorte sind!
Um 1825 importierte die Rebschule Gibbs aus Long Island die Sorte mit verschiedenen anderen aus Wien (Gumpoldskirchen) in die USA. Aus dieser Zeit stammt vermutlich der Name Zinfandel, da einige Autoren vermuten, dass bei den Sendungen aus Österreich die Bezeichnung des Zierfandler irrtümlich einem Paket mit Zinfandel zugeordnet wurde. Nach Morris L. West wurde Zinfandel von Oberst Agoston Haraszthy aus Ungarn herüber gebracht. Bevor sie nach Kalifornien kam, wurde sie vorwiegend als Tafeltraube angebaut. 1919 gehörte die Sorte zu den fünf wichtigsten Rebsorten der USA und war auch während der Prohibition sehr beliebt. Die Sorte machte dort in den letzten Jahrzehnten so richtig "Weltkarriere". Er erreicht heute eine Anbaufläche von 20.000 Hektar.
Nach dem Sensationsfund von 2002 an der Bergstrasse - inzwischen an zahlreichen weiteren alten Bergsträsser Weinbergen erneut belegt - lag nichts näher, als den Anbau wieder aufzunehmen und die Originalreben wieder zu vermehren. Einer der Gründe: Beim Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio haben Deutschland und viele andere Länder gemeinsam die Agenda 21 verabschiedet. Darin verpflichten sie sich, die genetische Vielfalt unserer Kulturpflanzen zu bewahren. Hierzu zählt auch das reiche kulturelle Erbe an alten traditionellen Rebsorten und seltenen Klonen von Rebsorten. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz (BMELV) hat deshalb ein bundesweites Projekt zur Erfassung rebengenetischer Ressourcen in Deutschland gestartet. Ziel ist die möglichst vollständige Katalogisierung alter Rebbestände mit traditionellem Sortenbesatz und historischen Klongemischen. Diese Erhebung soll die Grundlage für die Konzeption und Etablierung nachhaltiger rhaltungsmaßnahmen bilden. Nachhaltigkeit bedeutet hier, die genetische Basis der früher bei uns heimischen, aber im 20. Jahrhundert vernachlässigten Rebsorten zu sichern.
Dies haben wir uns an der Bergstrasse beim blauen Willbacher, beim roten Riesling und beim Zinfandel=Primitivo zur Aufgabe gemacht. Die erste Pflanzung mit den Abkömmlingen der Bergsträsser Funde erfolgte im April 2009. Ab dem Jahre 2011 gab es die ersten seltenen Tropfen aus dem Weinberg am Heppenheimer Steinkopf geben. Ausgebaut wird der Wein in der Bergsträsser Winzer eG.